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Mag. Carl Aigner: "Von der Malerei zur Zeichnung und zurück", 2004

VON DER ZEICHNUNG ZUR MALEREI UND ZURÜCK

Zum Werk von Franz Schwarzinger

Franz Schwarzinger gehört in Österreich zu jenen wenigen Künstlern, deren unfangreiches Schaffen weder auf Zeichnung noch auf Malerei reduziert werden kann. Ausgangspunkt seines Oeuvres ist für ihn immer das Zeichnerische, letztendlich die Zeichnung. Aus dieser heraus entwickelt er Bildfindungen, die sich durch die Hybridität von Zeichnung und Malerei auszeichnen. Oft kann beim Bildbetrachten keine eindeutige Grenze zwischen Malerei und Zeichnung gezogen werden, immer wieder finden sich formale Bildlösungen, die vom Zeichnerischen in der Malerei und vom Malerischen in der Zeichnung getragen sind: Das klassische zeichnerische Element der Linie in seiner Malerei zum Beispiel oder die gemalte farbige Flächigkeit im Zeichnerischen. Er hat einen Kunstdiskurs entwickelt, der keine technisch-materiellen Trennungen vollzieht und keinen Unterschied der Bildgattungen mehr macht (ob das Trägermaterial Papier oder Leinwand ist, wird sekundär). Diese Transmedialität ist bestimmendes Charakteristikum seiner Arbeitsweise und Bildlösungen.

Die Bilder des Künstlers sind voll von Zeichen, Symbolen, Kürzeln und Andeutungen. „In den Arbeiten ..….begegnen wir Mensch- und Tierwesen, die in ihrer formalen und farblichen Reduziertheit eine ungeheure Ausdrucksstärke erreichen. Es sind angespannte Wesen, die  wie erstarrt in sich selbst versinken, aber dennoch eine konzentrierte Kraft ausstrahlen und jeden Augenblick aus ihrer Vergangenheit ausbrechen können. Sie sind weisende, mahnende und konfrontierende Medien, die auf sehr emotionelle Weise Bezug zu ihrer Umwelt nehmen“, charakterisierte Ulrike Maria Emberger-Gaisbauer vor einigen Jahren sein Werk. Dabei spielt unter anderem das Phänomen des Körpers eine konstante, wiederkehrende Rolle. Insbesondere sind es Augen, die sich kontinuierlich durch seine Bilderwelt wuchern. Immer wieder blicken nicht nur wir die Bilder an, sondern blicken die Bilder auch uns an – der Betrachter wird damit auch auf sich selbst und auf seine Betrachtung der Bilder verwiesen.

Das Moment des Körpers ist also wichtiges Bildmodul im Werk von Schwarzinger. Dabei geht es nicht um eine Metaphysik, um eine Idealität oder gar Körperideologie, sondern um die zentralen Fragen nach den Seinsweisen des Körperlichen als Begehren nach Intensität: „Der ungestüme Zeichner Schwarzinger zieht sich in die menschliche Tiefe erotischer Empfindsamkeit zurück, um etwas aus sich herauszusetzen; aber dieses Zurückziehen ist keine privatistische Nabelschau, sie zeigt vielmehr den Menschen als Geschöpf, das unvermittelt oder vermittelt mit dem Ich zusammenprallt. Die Bilder muten auf merkwürdige Weise harmonisch an und noch im gleichen Moment schmerzlich. Der Blick wird gefangen vom kräftigen Lineament, vom schwebenden Zustand der Zeichen, vom Ambiente des Tanzes, des Fliegens, erotischer Rhythmik“, meint dazu sein Künstlerkollege Leopold Kogler. Auf wunderbare Weise bringt der Künstler den erotischen Gestus des Zeichnens und Malens an und für sich mit der möglichen Erotik des Körpers und des Körperlichen in Einklang. Der immer wiederkehrende expressive Duktus des Zeichnerischen und Malerischen schafft ein vibrierendes Verlangen nach dem Bildlichen des Körpers und nach dem Körper des Bildlichen.

Doch wäre es falsch, das Oeuvre von Schwarzinger auf die Frage nach dem Status des Körpers in seiner Arbeit zu reduzieren; er ist wesentliches Element, aber kein exklusives. In der vielfältigen und komplexen Art und Weise der Vernetzung bildsprachlicher Bausteine öffnen sich seine Bilder zu einem Kosmos teilweise archaisch anmutender Grundformen bildnerischen Gestaltens, die auf etwas anderes verweisen: Nämlich darauf, dass für einen bildenden Künstler ein Bild nicht nur ein Darstellungsmedium ist, sondern auch und vor allem sein Seinsgrund: Jedes wird so zu einem Bild der Welt, zu einem Weltbild schlechthin, das dürfen wir niemals übersehen. Jedes Bild ist in der abendländlichen Kultur seit Jahrtausenden eines der wichtigsten Möglichkeiten, zwischen sich, dem Menschen und der Welt einen Bezug zu gewinnen und herauszustellen – es ist dies unabdingliche Voraussetzung dafür, dass wir Menschen überhaupt die Möglichkeit gewinnen können, uns über uns selbst bewusst zu werden und sinnliche Erkenntnisse gewinnen zu können.

Paul Klee hat gesagt, dass es nicht Aufgabe der Kunst sei, Sichtbares wiederzugeben, sondern sichtbar zu machen – Franz Schwarzinger macht vieles sichtbar, vor allem auch eines: dass Kunst immer eine existentielle Herausforderung darstellt und nicht zur Dekoration verkommen darf, was nicht heißt, dass man den Humor, das Erotisch- Spielerische oder das Vergnügliche in den Arbeiten Franz Schwarzingers übersehen soll.

 

Carl Aigner

NÖ Landesmuseum, Direktor

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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