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Dr. Elisabeth Voggeneder: "Polaritäten - Das Alte und das Neue", 2012

Polaritäten: Das Alte und das Neue

1890 erbaut, steht die Villa Franz Schwarzingers von schlanken Föhren und knorrigen Obstbäumen umgeben in einem romantischen Garten im Villenviertel Pressbaums. Intime Sitzgruppen laden zum „Ausrasten“ ein. Unter einer Jahre zählenden rauschenden Trauerweide mit ausladenden Geäst findet sich ein zentraler Platz für Franz Schwarzinger und seine Familie. Ein großer Tisch und ein paar Bänke mit einer Feuerstelle bilden einen gemütlichen Platz nahe des Hauses. Von hier aus überblickt er das Grundstück in Hanglage, das von der ruhigen Zufahrtsstraße bis zum Wienfluss reicht. Ein wild bewachsenen Hügel führt nach unten zum Fluss und hebt sich von Tannen, Büschen  und Geäst ganz verwachsen  vom kurzgeschnittenen Grün rund um die Villa ab.

Das Haus zeigt von dieser Seite eine eindrucksvolle Fassade mit einer fein verzierten Holzveranda. Diese sei noch zu renovieren, erzählt der Hausherr, der das alte Haus seit den 1990er Jahren Schritt für Schritt herrichtete. Die Stimmung des alten Landsitzes war ihm ein anziehendes Moment und trug maßgeblich zur Entscheidung das Haus zu kaufen bei.

Auch im Innenraum zeichnet sich das Haus durch einen liebevollen Umgang mit dem historischen Mauerwerk aus, das nur punktuell umgestaltet wurde. Die Küche wurde vergrößert und beherbergt nun einen runden Holztisch und eine offene moderner Küche, die als Kommunikationszentrum der Bewohner dient. Alt und Neu verbinden sich gekonnt.  „Der Kontrast ist durchaus gewünscht“[1], meint Schwarzinger und führt aus, dass auch die moderne Stadtwohnung als Gegenstück zum Landhaus behalten wurde. „Denn mehr Land als in Pressbaum“ sei, dem urbanen Charakter Schwarzingers fremd. „Die Nähe zu Wien“, war ausschlaggebend das Haus zu kaufen, ein Gedanke der die Geschichte von Pressbaum als beliebte Sommerfrische ins Heute transferiert.

„Dinge verändern sich und andere bleiben konstant,“ meint Schwarzinger und erzählt, dass die Arbeit – Malerei und Keramik – heute für ihn sehr wichtig sei, doch eigentlich, fügt er schmunzelnd hinzu, „wollte ich gar nicht Maler werden!“. Aus einer Lehrefamilie kommend, gehörte im Elternhaus Theater, Oper und Musik zwar zum guten Ton, bildende Kunst hingegen kaum. Zunächst dachte Schwarzinger an ein Studium des Faches Bühnenbild. Aber der Vater wollte diese Idee keinesfalls unterstützen. Nach Umschweifen über einige Semester Jus führte der Weg dann aber doch auf die Hochschule für angewandte Kunst zu Bazon Brock, „dessen Jugend“ ihn erstaunte. Bazon Brock war dann auch ein wichtiger Reibungspunkt für den Studenten, Brocks offener Kunstbegriff – mit revolutionären, sozialen und gesellschaftsutopischen Vorstellungen – faszinierten. Doch sein Thema fand Schwarzinger schließlich mit einem über Jahrhunderte tradierten Motiv: Dem Menschen.

Seit den achtziger Jahren setzt er sich mit der Figur auseinander. Seine Menschenbilder sind fragmentarisch und ornamental aufgebaut, vereinfacht, voll Expressivität und trotzdem aus einem Konzept heraus gearbeitet. Aus den Gegensätzen hell und dunkel, flächig und linear, buntfarbig und monochrom entwickelt Schwarzinger eine Welt unbelebter Gestalten, denn auffallend erscheint die Maskenhaftigkeit der starren Gesichter; vielleicht ein spätes Echo auf die vielen Theaterbesuche der Jugend. Obwohl die Gestalten dadurch zeitlos erscheinen sind sie in ihrer Infragestellung der menschlichen Existenz ganz im Heute verankert. Die Polarität ist wesentlich, auch in der Malerei Schwarzingers.

Dr. Elisabeth Voggeneder, Kunsthistorikerin

[1] Franz Schwarzinger im Gespräch mit der Autorin am 11. Juli 2012

 

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